2. Niyama — Über den Umgang mit sich selbst

2. Niyama — Über den Umgang mit sich selbst

2.1 Saucha – Reinheit

Wer sich innerlich und äußerlich reinigt, ist frei vom Einfluss anderer Menschen und Dinge.

Es ist die Reinigung des Körpers und des Geistes. Den Körper innen und außen rein halten und so für ihn sorgen, dass er ungestört arbeiten und sich selbst heilen kann. Gesunde satvische Nahrung, ist alles was direkt von der Natur kommt, frisch ist und nicht verändert wurde.

Den Geist rein halten, indem man ausspricht, was einem auf der Seele liegt, sich nicht mit negativen Nachrichten, Tratsch und Klatsch beschäftigt. Alles annehmen wie es ist, auf reine Weise in Beziehung gehen.

Nicht versuchen Menschen, Dinge oder Umstände zu verändern, zu manipulieren oder hinzubiegen, wie man es gerne möchte oder wie es unserer Meinung nach sein sollte. Frei zu sein von Erwartungen, Urteilen, Kritik und Kontrolle. Hellwach und bewusst, nicht blind und voreingenommen.

Durch Meditation, Pranajama, Mantrasingen, achtsames Gehen in der Natur, Räucherwerk, Glockenläuten oder zeremonielle Rituale mit Feuer und Wasser kann der Geist gereinigt werden. Aber auch Affirmationen, Fantasiereisen, Visualisierungsübungen, oder andere Formen der heilsamen Vergebung können angewendet werden.

Rituale um den Geist zu klären:

  • Morgenseiten: 3 Din A4 Seiten so schnell wie möglich mit allem handschriftlich beschreiben, was einem gerade einfällt, auch was einem nicht einfällt.
  • Lichtdusche: Vorstellen wie ein weißes Licht den Körper durchströmt und in jeder Zelle alles was nicht liebevoll und rein ist auflöst und hinaus schwemmt.
  • Spaziergang-Reinigungsritual: Jeder Schritt befreit von geistigem Müll und jeder Atemzug versorgt mit neuer Energie.
  • Anfängergeist: Jeden Augenblick so erleben, als würde man alles zum ersten Mal erleben. Egal ob es um Routinearbeiten oder um Menschen geht, die wir bereits kennen. Offen und neugierig sein, egal was passiert.

2.2 Santosha – Zufriedenheit, Bescheidenheit, Genügsamkeit

Wer sich in Zufriedenheit übt erfährt grenzenloses Glück

Unser wahres Glück liegt in uns und kommt aus uns. Santosha ist die Lebenseinstellung und innere Haltung, alles so gut zu machen, wie wir können, ohne den Anspruch, perfekt zu sein, ohne den Anspruch anders zu sein, als wir gerade sind. Santosha heißt, seinen Frieden damit zu machen, als Mensch ein vollkommen perfektes unperfektes Wesen zu sein.
Santosha heißt nicht nur Zufriedenheit zu fühlen, sondern zufrieden zu sein mit allem was wir fühlen. Ja sagen zu den eigenen Empfindungen, auch zu den unangenehmen. Alles annehmen was ist. Ob gut oder schlecht, wer weiß – es ist wie es ist und so manches was wir als schlecht empfinden, stellt sich später als gut heraus. Im hier und jetzt das Beste aus allem machen – damit man sich wohler fühlt, jetzt etwas verändern.

„Glück ist kein Geschenk der Götter, es ist die Frucht einer inneren Einstellung.“

Dankbarkeits-Minuten:

  • Wofür kann ich jetzt dankbar sein?
  • Womit bin ich in meinem Leben zufrieden
  • Was genieße ich in meinem Leben?
  • Was schätze ich in meinem Leben?
  • Was besitze ich, das ich oft für selbstverständlich halte?
  • Welche Menschen bereichern mein Leben?

Vor dem Einschlafen:

  • Was hat mir dieser Tag geschenkt?
  • Wofür kann im an diesem heutigen Tag dankbar sein?
  • Worüber konnte ich mich freuen? Worüber konnte ich lachen? Was hat mir das Herz erwärmt? Was hat mir Sorgen und Kummer ein wenig vertrieben?
  • Welchen Beitrag durfte ich heute leisten?

Innehalten für zwischendurch:

  • Wie geht es mir? Was glaube ich zu brauchen, damit ich zufrieden sein kann? Ist das wahr?
  • Will ich äußeren Umständen die Schuld geben, dass ich nicht zufrieden bin oder selbst Verantwortung übernehmen?
  • Was kann ich selbst in diesem Augenblick für mein Wohlbefinden tun? Wie kann ich dafür sorgen, dass es mir hier und jetzt besser geht?
  • Was denke ich gerade? Was kann ich in meinem Denken ändern, damit es mir etwas besser geht?
  • Was tue ich gerade? Was könnte ich in meinem Tun verändern oder stattdessen tun, damit es mir etwas besser geht?

2.3 Tapas – Selbstdisziplin

Wer sich selbst diszipliniert und Unreinheiten reduziert, entfaltet Körper und Sinne zu ihrer Vollkommenheit.

Disziplin bedeutet vor allem, Macht über uns selbst zu haben. Macht um konditionierte Muster abzulegen, unsere Grenzen auszuweiten und über uns selbst hinaus zu wachsen. Ohne Disziplin und Anstrengung gibt es keinen Erfolg.
Konsequent das eigene Ziel verfolgen, auch wenn wir immer wieder scheitert. Wenn uns bewusst ist, was wir tut, warum wir es tut und was wir wirklich tun wollen, finden wir die eigene Disziplin. Wenn der eigene Antrieb und der tiefere Sinn fehlt, dann mangelt es an Disziplin. Wenn wir unser inneres Feuer (Tapas) nicht für Dinge nutzen, für die wir wirklich brennen und die uns erfüllen, wird das Feuer schwach und wir brennen raus. Disziplin braucht Klarheit und Ent-Scheidungskraft. Wir müssen Prioritäten setzen und uns von den Dingen trennen, die nicht zu unserem wahren Wesen passen.
Tapas heißt, trotz Angst, Unsicherheit und Ungewissheit dem Weg des Herzens folgen und sich durch nichts davon abbringen zu lassen. Den Mut zu haben Risiken einzugehen, Fehler zu machen und mit schmerzhaften Gefühlen umzugehen. Die Bereitschaft, alle Aspekte des Lebens anzunehmen und aus jeder Erfahrung zu lernen. Die Vergangenheit immer wieder loslassen, von den Umständen nicht entmutigen zu lassen, von Augenblick zu Augenblick zu leben und Schritt für Schritt zu tun, was zu tun ist. Disziplin heißt nicht perfekt sein. Perfektion führt zu Unzufriedenheit und Leid – Disziplin zu Zufriedenheit. Alle Extreme führen zu Widerständen und in der Regel zu Misserfolgen.

„Das Wort Disziplin bedeute lernen – nicht kontrollieren, unterwerfen, nachahmen und anpassen.“

Übungspraxis:

  • Wann, unter welchen Umständen und in welchen Bereichen fällt es mir leicht Disziplin aufzubringen?
  • Was motiviert mich? Was hilft mir? Was macht es mir leichter konsequent zu sein?

Vermeidungsstrategien entdecken:

  • Wo in meinem Leben bin ich undiszipliniert und wie zeigt sich das?
  • Was habe ich mir (vielleicht schon lange) vorgenommen, aber noch nicht umgesetzt?
  • Was tue ich stattdessen? Wie lenke ich mich ab? Welche Ausreden erfinde ich?
  • Welche Motive entspringen meine Vorsätze? Kommen sie aus meinem Inneren? Entsprechen sie meinem Wesen? Oder versuche ich den Erwartungen und Vorstellungen anderer gerecht zu werden?
  • Was will ich wirklich?

„Disziplin ist gut, wenn sie aus deinem inneren Wesen kommt. Sie sollte ein inners Licht sein, nicht von außen aufgezwungen“ Osho

2.4 Svadhyaya – Selbststudium

Wer sich selbst und das Leben reflektiert, kommt in Verbindung mit der inneren Göttlichkeit, dem inneren Selbst.

Anstatt das Glück im Außen zu suchen, erkennen wir unsere Muster und Konditionierung und treten in Kontakt mit unserer inneren Göttlichkeit. Das Leben und die Umstände nicht persönlich nehmen. Mit jedem Problem und jeder Frage an die innere Weisheit wenden. Es antwortet mit Gefühlen, Ideen, Zufällen und Zeichen. Das höhere Selbst unterstützt nicht das Ego, sondern den Seelenplan und die Herzenswünsche.
Lesestoff für die Seele: Yoga Sutra, Bhagavad-Gita, Veden, die Upanischhaden oder andere spirituelle Bücher und Biographien von Menschen, die etwas bewegt haben. Es geht darum, den Geist auf gesunde Weise zu füttern, so dass neue Sichtweisen gewonnen werden und eigene Überzeugungen reflektiert werden.

„Ist der Schüler bereit, dann kommt der Lehrer.“

Wahres Wissen kommt aus der Erfahrung. Weisheit ist gelebtes Wissen. Yoga kann nur übend erfahren werden. Das heißt, es geht nicht nur darum Wissen zu sammeln, sondern darum, die Informationen selbst auszuprobieren und in die Praxis umzusetzen.

Den inneren Beobachter im Alltag erkennen: Beim essen, reden, fernsehen oder lesen. Entdecke dabei den Beobachter in deinem Inneren, der nicht isst, redet, fernsieht oder liest. Der sich nur gewahr ist dessen, was ist. Entdecke das, was ewig und unveränderlich ist.

Tiefgehende Fragen:

  • Wer bin ich?
  • Was ist der Sinn meines Lebens?
  • Was ist meine Lebensaufgabe?
  • Was kann ich für meine spirituelle Entwicklung tun?
  • Was kann ich jetzt zur Erfüllung meiner Lebensaufgabe tun?
  • Was kann ich mit dem Rest des heutigen Tages anfangen?
  • Was ist jetzt das Wichtigste?

Um einen Zugang zur inneren Weisheit zu erhalten muss man sich einfach gedanklich in jemand anderen hineinversetzen:

  1. Alle Fragen die dir zu deinem Problem in den Sinn kommen aufschreiben. Fragen, auf die du gerne Antworten hättest. Jede Frage ist erlaubt.
  2. Vor dir steht ein leerer Stuhl. Gedanklich lädst du deinen persönlichen Mentor ein, auf diesem Stuhl Platz zu nehmen. Es wird eine Überraschung sein, wer dir als erstes in den Sinn kommt. Stelle deine Fragen und sei offen für die Antworten die du erhalten wirst. Notiere dir die Antworten.
  3. Tausche die Rolle, setze dich auf den Platz deines Mentor und schaue aus dessen Augen auf dich selbst und deine Probleme. Notiere wieder deine Eindrücke.

2.5 Ishvara Pranidhana – Hingabe an das Göttliche

Wer sich dem Göttlichen bedingungslos hingibt, erlangt Erleuchtung.

Hingabe – ob nun eine Gottheit, an das Göttliche, an die universelle Matrix, an den Lebensstrom, an die Liebe oder schlicht und ergreifend ein tiefes Vertrauen in den Fluss des Lebens … Die absolute Hingabe an das was ist, führt zur Erleuchtung, zur Erkenntnis, das alles Eins ist.

Hingabe bedeutet einverstanden zu sein, mit dem was ist und das Leben anzunehmen, wie es ist. Nicht länger Widerstand zu leisten.

Hingabe heißt nicht, nichts zu tun und alles hinzunehmen, sondern das zu tun, was eben hier und jetzt zu tun ist. Dem inneren Impuls folgen, ohne Angst ohne Widerstand. „Wenn ich im Stau stehe, dann stehe ich im Stau. Wenn ich an der Kasse stehe, dann stehe ich an der Kasse…“

Hingabe bedeutet das zu tun was aus dem Inneren kommt,Liebe, Freude und Frieden hervorruft. Damit senden wir positive Schwingungen aus und beeinflussen die Welt positiv.

Das Leben ist nie so wie es sein sollte, sondern so wie es ist. Anzunehmen was ist, heißt nicht alles gut zu finden oder gar zu lieben, sondern wahrzunehmen was ist, ohne dagegen anzukämpfen. Andere Menschen dürfen so sein, wie sie gerade sind. Das Leben darf so sein, wie es gerade ist. Bewusst ja sagen zu allen Gefühlen, die da sind, zu allen Mitmenschen, zu den Aufgaben, zum Stau, zur Warteschlange, zum Leben.

Annehmen was ist:

  • Wie oft meine ich, dass irgendetwas anders sein sollte, als es ist?
  • Wie oft kritisiere oder verurteile ich andere Menschen oder mich selbst?
  • Wie oft ziehe ich mich zurück oder greife jemanden an, weil meine Erwartungen nicht erfüllt werden?
  • Wie oft erlaube ich mir nicht, so zu sein, wie ich bin und zu tun, wonach mir zumute ist?